„Wir suchen ständig Metallbauer, Schlosser und Schweißer, denn wir haben Arbeit ohne Ende!“ Was eigentlich eine gute Nachricht für ein Unternehmen ist, ist für Burkhard Teckentrup und sein Unternehmen B-Teck aus Neubeckum ein echtes Problem. Sein Stahl- und Maschinenbauunternehmen konstruiert unter anderem Armaturen für die Chemie-, die Zement- und die Kraftwerksindustrie. Da wird mit Speziallegierungen gearbeitet, die extrem widerstandsfähig gegen Abrasion und Säure sein müssen. Aber woher Fachleute nehmen, die damit umgehen können? Im Fall von B-Teck kam Hilfe aus Marokko.
„Durch Zufall hatte ich Kontakt mit einem Berater des Jobcenters“, berichtet Burkhard Teckentrup. „Und der fragte mich, ob ich vielleicht auch jemanden aus Marokko nehmen würde, der eigentlich Stuckateur ist. Der sei gerade bei der DEULA in Warendorf und würde dort seinen Schweißerschein machen.“
Teckentrup ging es bei seinen Mitarbeitern schon immer mehr um Geschicklichkeit und Fleiß als um verbriefte Qualifikationen. „Ich muss meine Leute doch sowieso selbst ausbilden, denn was wir machen, kann man nur bei uns lernen.“ Also gab Teckentrup einem jungen Mann eine Chance, den er nur im Rahmen einer Arbeitsprobe und eines kurzen Gespräches kennengelernt hatte.
„Das war hart“, erzählt Hicham Hamama heute, nach fast einem Jahr in seinem neuen Beruf. „In der DEULA war alles leichter. Man konnte im Sitzen arbeiten, um eine perfekte Schweißnaht hinzubekommen. Bei B-Teck musste ich bei meiner ersten Arbeit stehen. Und ich war so nervös!“ Aber der heute 32-jährige hatte schon viel schlimmere Mutproben erlebt. Monatelang hatte er sich während des Bürgerkriegs 2012 in Libyen in einem Keller versteckt. In dem Land hatte er als Stuckateur gearbeitet. Zurück nach Marokko konnte er nicht, da wäre er zwischen die Fronten geraten. Was blieb, war die Flucht über das Mittelmeer. Sie endete für Hamama im Gefängnis in Italien. Nach vier Monaten wurde er nach Schweden geschickt, von dort aus nach Deutschland, in ein Aufnahmelager im Münsterland. Er wollte aber für seinen Unterhalt arbeiten. Das Jobcenter konnte helfen und empfahl dem geschickten Handwerker, sich zum Schweißer ausbilden zu lassen.
Wilko Voßhans vom Jobcenter des Kreises Warendorf hatte gute Erfahrungen mit der DEULA und ihren Ausbildungsangeboten gemacht: „Wir haben schon viele geflüchtete Menschen mithilfe der DEULA fit gemacht für den Arbeitsmarkt. Die Vermittlungsquote allein des Programms „Welcome to WiN – Work in Nature“ ist überdurchschnittlich gut. Und für Hicham habe ich die besten Chancen in einer schnellen Qualifizierung zum Schweißer gesehen. Die DVS-Schweißstätte in der DEULA ist von den Metall-verarbeitenden Betrieben im Kreis anerkannt und respektiert. Darauf konnte er aufbauen. Mit einem solchen Schweißerschein kann ich ihn unbesorgt in Arbeit vermitteln.“
Aber was nutzt eine Qualifizierung, wenn der zukünftige Arbeitnehmer nicht zu seiner Arbeitsstelle kommt? Hamama musste noch den deutschen Führerschein machen. „Für ihn war das schwierig, denn auch wenn er recht gut Deutsch sprechen konnte, war doch der Fahrunterricht in Deutsch eine echte Herausforderung.“ Karin Kirchner, Bildungsberaterin der DEULA, war besorgt, ob ihr Schützling die Fahrerlaubnis schafft, ohne zu viele Fahrstunden zu benötigen. „Aber auch hier hat er uns überrascht und sich sehr geschickt angestellt. Heute fährt er mit dem Auto zur Arbeit!“ „Solche Angebote gibt es natürlich auch für deutsche Langzeitarbeitslose“, erklärt Wilko Voßhans. „Wir müssen unsere Kunden eben fit machen für den Arbeitsmarkt, und wenn wir die Chance sehen, dass sie mit Fleiß und Ehrgeiz in normaler Zeit durch die Fahrprüfung kommen, unterstützen wir das.“
Burkhard Teckentrup und sein Meister haben den Marokkaner unter ihre Fittiche genommen. Vorurteile wollten sie gar nicht erst aufkommen lassen: „Erstmal kriegt jeder bei uns eine Chance!“ Und der „Neue“ im Team entpuppte sich als Glücksfall. Heute schweißt er auch Bauteile, an denen Fehler extrem kostspielig sein würden: „Ich bin sehr zufrieden mit ihm. Er lernt unglaublich schnell, sieht die Arbeit, bietet sich an und kümmert sich auch um Dinge, die er eigentlich gar nicht machen müsste.“ Sogar als Stuckateur konnte Hamama sich bei B-Teck beweisen: „Als wir ein Bauteil mit Schamotte auskleiden mussten und eigentlich einen Ofensetzer kommen lassen wollten, hat er kurzerhand Spachtel und Steine genommen und den Job übernommen. Schnell und perfekt!“ Hicham Hamama wird etwas rot, als er seinen Chef das sagen hört. „Was man einmal gelernt hat, vergisst man nicht. Es ist schön, wenn ich zeigen darf, was ich kann!“